Heimat- und Geschichtsverein

Berga/Elster

Der (Schutz)Engel

Seit Monaten beschäftigt ein Engel unsere Gemüter. Ein Engel? Eigentlich doch nur ein Baumstamm, der da vor dem Spittel abgelagert wurde. Aber irgendwas soll doch mit dem Stück Holz geschehen! Ja, es wird auf Böcke gelegt, geschält und da liegt es nun wieder – jetzt ein nacktes Stück Baumstamm. Dann kann man beobachten, wie Herr Nowacki dem Stamm mit der Kettensäge zu Leibe rückt. Es entsteht eine recht eigentümliche Form – manche lästern schon, es würde wohl ein überdimensionaler bild-01Korkenzieher…. Der Haufen mit den Holzabfällen neben der Figur wird immer größer und findet nicht nur bei den Kindern des Kindergartens Interesse. Immer wieder bleiben die Menschen stehen und schauen Herrn Nowacki beim Arbeiten zu, halten ihn auch oftmals vom Arbeiten ab, aber das macht wohl die Öffentlichkeit dieses Projektes auch aus – das Gespräch, das Fachsimpeln. Langsam spricht sich herum, was da entstehen soll – ein Engel für unsere Stadt. Ein weißer Engel soll es werden, einer der von oben auf unser Städtchen herabschaut und uns vielleicht ein Schutzengel sein kann. „In diesen Zeiten kann ein Schutzengel nicht von Schaden sein“ werden sich manche gedacht haben, aber auf der Bastei!!?? Sollten wir ihn nicht in der Stadt aufstellen, da könnten wir ihn unter Beobachtung halten und bei Bedarf vor Unbill oder dem Übermut diverser Jugendlicher schützen! Einen Schutzengel beschützen – so ein Unsinn. Und doch, die Zweifler konnten nicht überzeugt werden. Zu eindeutig sind die Erfahrungen, die in den letzten Jahren gemacht wurden. Auch auf der Bastei wurde immer wieder das frisch reparierte Geländer zerstört, die dort aufgehängte Fahne entwendet, zerrissen, der Fahnenmast den Hang hinabgeworfen. Soll dieses Schicksal auch dem Engel blühen? NEIN! Ganz eindeutig! Der Engel wird auf der Bastei stehen, auf Berga herabschauen und hoffentlich viele gutwillige Besucher zu diesem wunderschönen Aussichtspunkt locken!

Ja, und so entstand unter den Händen von Holzbildhauer Thomas Nowacki wirklich ein wunderschöner Engel. Als die Ausstellung von Jochen Russe im „Spittel“ eröffnet bild-13wurde, konnte der Engel bereits in seiner hölzernen Schönheit bewundert werden. Ein Gesicht – manche glaubten da sogar eine Ähnlichkeit mit einem Drogisten zu erkennen – eine Holzmaserung, die einen Brustkorb markierte. Viele waren versucht, das Holz zu berühren, haben es auch getan und die Wärme, das Leben darin zu spüren versucht. In einem der letzten Arbeitsgänge erhielt er seine weiße Hülle. Schade – sagen manche, das Holz war so voll Leben.

bild-19Am Morgen des 11. August fanden sich viele freiwillige Helfer am „Spittel“ ein. Der Engel wurde in einen Rettungsschlitten der Feuerwehr verpackt und nach Albersdorf transportiert. Von dort ging es rutschend bergab bis zum vorbereiteten Standort auf der Bastei. Und dort steht er nun und leuchtet in seinem strahlenden Weiß aus dem Grün des Waldes heraus. Er hat seinen Platz gefunden. Und – die Bemerkung sei mir erlaubt – ich kann ihn zu jeder Zeit von meinem Fenster aus sehen. Ein gutes Gefühl.

Der Wunsch unseres Schutzengels, uns zu helfen,
ist weit grösser als der Wunsch, den wir haben,
uns von ihm helfen zu lassen.

Don Bosco

12.8.2012

 

Hinweis zum Bergaer Engel

Das Holz, das Herr Nowacki für die Gestaltung unseres Engels verwendet hatte, erwies sich leider für die Gegebenheiten als ungeeignet. Wetter, Tiere und nicht zuletzt Menschen setzten dem Holz zu. Es entwickelten sich morsche Stellen, die die Standfestigkeit der Figur beeinträchtigten. In der Stadt wurde laut über einen Ersatz nachgedacht, neues Holz besorgt. Der Holzbildhauer spielte mit neuen Ideen, nur fehlte ihm infolge Krankheit noch die Kraft zur Realisierung.
Da machte am 12. Mai 2023 eine Hiobsbotschaft in Berga die Runde: Der Engel wurde umgeworfen! Zerstört! Vandalismus am Himmelfahrtstag! Entsetzen und Kopfschütteln überall. 10 Jahre hat er von der Bastei geleuchtet. Früher gingen die Wanderer zur Bastei, jetzt ging man zum Engel! Vom Kindergartenkind bis zum Rentner - der Engel auf der Bastei war jedem ein Begriff.

Er fehlt uns!


Hoffen wir, dass es in absehbarer Zeit einen würdigen Ersatz geben wird.

11.9.2023