Heimat- und Geschichtsverein

Berga/Elster

Das Kriegerdenkmal in Berga

Kurze Geschichte des Kriegerdenkmals in Berga

(veröffentlicht in der "Bergaer Zeitung" vom 1. Juni 1895)

Am 16. Juni d. J. wird, so Gott will, unser neues Kriegerdenkmal enthüllt und dürfte es wohl am Platze sein, eine kurze Geschichte desselben hier anzuführen:
Bereits seit dem Jahre 1875 besitzt unser Städtchen ein Kriegerdenkmal; dasselbe, aus einer einfachen Sandsteinpyramide, die auf Sandsteinsockel ruht, bestehend, befindet sich auf dem hiesigen Kirchhof in unmittelbarer Nähe der Kirche und enthält außer einem eisernen Kreuz und den Jahreszahlen 1870-71 auf seinen 4 Seiten je einen Nahmen der 4 Söhne unserer Parochie, welche aus jenem ruhmreichen Kriege nicht wieder heimgekehrt sind; es sind: Hermann August Prager aus Schloßberga, im Rhein beim Baden ertrunken (in der Nähe von Germersheim) am 31. Juli 1870, Karl Friedrich Wittig aus Albersdorf, gefallen in der Schlacht bei Sedan am 1. September 1870, Johann Gottfried Behr aus Schloßberga, in jener Schlacht schwer verwundet und seitdem trotz aller Nachsuchungen verschollen, und August Heuchkel aus Markersdorf, gefallen bei la Fourche am 6. Januar 1871. Aus alledem ist zu ersehen, welchem Zweck dieses Denkmal dienen sollte; „Den Gefallenen zum Gedächtnis“; die Eltern und sonstigen Angehörigen konnten ihren in weiter Ferne dahingeschiedenen Söhnen und Brüdern ein Denkmal setzen, wie wir unseren Entschlafenen ein Denkmal setzen auf’s Grab; da nun jene geblieben für’s Vaterland und den heimischen Herd, so war es eine Ehrenpflicht zumal ihrer Kameraden und Gemeinde, das dankbare und treue Andenken an sie in diesem an geweihter Stätte errichteten Denkmal gewissermaßen zu verkörpern, zu verewigen. Derselbe Dank aber, den wir den Gefallenen schulden, schulden wir denen, die durch Gottes Gnade gesund und siegreich heimgekehrt sind aus jenem gewaltigen Völkerringen; zum größten Theil leben sie noch heute unter uns und sind uns ein Vorbild in der Treue zu Kaiser, Fürst und Vaterland. Sollten wir nicht auch ihnen gegenüber die Dankesschuld abzutragen versuchen; sollten st 014nicht auch ihre Namen der Nachwelt überliefert werden; und sollte nicht endlich auch das heranwachsende Geschlecht, die kommenden Generationen durch ein sichtbares Zeichen daran erinnert werden, was ihre Väter für des Vaterlandes Größe und Ruhm gethan, erinnert werden in einer Zeit, in der des Dichters hohes, schönes Wort: „an’s Vaterland , an’s teure schließ’ dich an, das halte fest mit deinem ganzem Herzen“ so vielfach nur träger Gleichgültigkeit, wohl gar hasserfülltem Hohn und Spott begegnet? Auf dem Boden derartiger Erwägungen erwuchs zumal innerhalb des hiesigen Militärvereins, der sich mit Recht dazu berufen fühlt, die Vaterlandsliebe und das Gedächtnis an jene große Zeit, die uns überhaupt erst ein rechtes Vaterland gegeben, zu pflegen und wach zu erhalten, zunächst der Gedanke an eine Versetzung des zuvor wesentlich zu verschönernden Denkmals nach einem andern, dem öffentlichen Leben und Verkehr dienenden geeigneten Platz. An solchen Plätzen hat Berga keinen Ueberfluß sondern vielmehr Mangel; der einzige schöne freie Platz, den es besitzt, ein Platz freilich, um den manche größere Stadt unser Städtchen beneiden könnte, ist der Marktplatz, und nach diesem richteten sich auch bei den Erwägungen, wohin man das erneuerte und verschönerte Denkmal bringen sollten, die sehnsüchtigen Blicke manches Mitgliedes unseres Militärvereins. Aber nur die Mitte des genannten Platzes würde ein des Denkmals würdiger Standort gewesen sein, und diese Stelle ist bereits durch die erst vor kurzem hergerichtete Brunnenanlage besetzt, sodaß man es den städtischen Behörden nicht verargen konnte, wenn sie keine Geneigtheit zeigten, dem Militärverein für solche Zwecke diesen Platz zu überlassen. Von der genannten behördlichen Seite wurde nun dem Verein der jetzt „Carl-Alexander-Platz“ genannte freie Platz in der Nähe der großen Eiche und des Hospitals als geeigneter Standort für das Denkmal bezeichnet und für den Fall, daß dieser Platz gewählt werden sollte, eine entsprechende Herrichtung und Instandhaltung desselben sowie ein namhafter Beitrag zu den Denkmalskosten Seitens der Gemeinde in Aussicht gestellt. Die Verhandlungen darüber fanden statt in den Jahren 1892 und 1893 und wurden von Seiten des Militärvereins namentlich von dem aus seiner Mitte gewählten Kriegerdenkmalsausschuß geführt, dem folgende Kameraden angehörten: Steuercontroleur A. Brand als Vorsitzender, sowohl des Vereins als solchen wie des Ausschusses, Buchdruckereibesitzer F. A. Adler, Oberpfarrer W. Geußenhainer, Schmiedemeister und Vizebürgermeister F. Klein, Schneidermeister C. Piehler, Sattlermeister A. Rascher, Postverwalter C. Stück, Schornsteinfegermeister R. Wagenführer; zu diesen traten als Abgeordnete des Gemeinderaths hinzu Dr. med. C. Findeisen und Fabrikbesitzer C. G. Trömmler, sämmtlich hier. Es sei hierbei noch bemerkt, daß von den Genannten im Frühjahr 1895 ausschieden Schneidermeister C. Piehler und Postvorsteher C. Stück, an deren Stelle gewählt wurden Gutsbesitzer und Maurer F. Engelhardt in Albersdorf und Bahnhofsinspector M. Richter, hier. – Noch während der Verhandlungen über die Platzfrage gelangte man zu der Ueberzeugung, dass es doch nur etwas Halbes sei, wollte man eine Erneuerung und Verschönerung des auf dem Kirchhofe sich befindlichen ursprünglichen Denkmals vornehmen; dasselbe würde in seinen Größenverhältnissen d. h. in seiner kleinen, bescheidenen Gestalt auf keinen der beiden genannten Plätze gepasst haben. Man entschloß sich daher dazu, das alte Denkmal in seiner jetzigen Verfassung und an seinem jetzigen Standort zu belassen und auf dem von den Gemeindebehörden überlassenen Platz ein ganz neues Denkmal zu errichten. Bei Fassung dieses Beschlusses verhehlte man sich die Schwierigkeiten nicht, die wegen Mangels der nöthigen Geldmittel der Ausführung desselben entgegenstanden, andererseits aber war man davon überzeugt, dass die Opferwilligkeit sowohl der Vereinsmitglieder wie weiter Kreise unserer Bürgerschaft und der Freunde unseres Städtchens nah und fern in Verbindung mit der in sichere Aussicht gestellten thatkräftigen Unterstützung hiesiger Gemeindebehörden das Wagnis nicht zu groß erscheinen lassen dürfte und in dieser Voraussicht hat sich der Verein nicht getäuscht gesehen. Zunächst zeichneten die Mitglieder desselben eine namhafte Summe, ferner wusste der unermüdliche Vereinsvorsitzende, Herr Brand, dem ja überhaupt bezüglich des Zustandekommens des ganzen Werkes die Palme zuzuerkennen ist, durch Veranstaltungen von Concerten und Theateraufführungen dem Denkmalsfonds immer neue Mittel zuzuführen, auswärtige, zu theil im Ausland wohnende Bergaer Kinder, sowie Freunde und Gönner des Vereins und des Städtchens spendeten ihre Scherflein, endlich aber versicherte Herr Rittergutsbesitzer Semmel auf Schloßberga in dankenswerthester Weise den Verein seiner thatkräftigen Beihilfe für den Fall, daß ein Theil der Kosten ungedeckt bleiben sollte. Rechnete man die versprochene namhafte Unterstützung hiesiger Gemeinde hinzu, so konnte man der Ausführung des Denkmals, welches einen Kostenaufwand von rund 2000 M. erheischte, unbesorgt nunmehr näher treten. Daß der Vergebung der einschlägigen Arbeiten ebenso wie der Beschlussfassung über die Art ihrer Ausführung die eingehendsten und umfassendsten Erwägungen vorausgegangen sind, ist selbstverständlich und bedarf kaum der Erwähnung, erwähnt sei nur mit Dank und Anerkennung die freundliche Unterstützung, die auch in dieser Hinsicht, und zwar durch den Entwurf von Scizzen, die Anfrage bei verschiedenen Eisenwerken und Eisengießereien sowie durch sachverständige Berathung im allgemeinen, Herr Rittergutsbesitzer Semmel dem Verein insbesondere dem Denkmalsausschuß hat zutheil werden lassen. Das Ergebniß aller Erwägungen ist dies: Das Denkmal besteht aus einem aus bestem grauen Pirnaer Sandstein hergestellten Steinwürfel, der auf granitnen Stufen ruht und von einem heraldischen eisernen Adler bekrönt wird, das Ganze in einer Höhe von ca. 5 m und umgeben von einem durch eiserne Säulen getragenen Kettengeländer. Die 4 Seiten des Steinwürfels sollen in folgender Weise ausgefüllt werden: auf die vordere Seite kommt das schöne Wort (als Widmung) zu stehen, welches der Hochselige Kaiser Wilhelm I. bei der Weihe des Niederwalddenkmals ausgesprochen: „Den Gefallenen zum Gedächtnis, den Lebenden zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung“; auf die beiden Seiten-Tafeln mit den Namen der in’s Feld Gezogenen, auf die Rückseite ein eisernes Kreuz von einem Eichenkranz umgeben; alle diese Theile in Gußeisen ausgeführt ebenso wie der Adler und die Denkmalsumfriedung. Mit der Ausführung der Eisentheile wird das Eisenhüttenwerk Lauchhammer, vereinigte vormals Gräflich Einsiedel’sche Werke, in der Oberlausitz, mit der Ausführung der Steinarbeiten sowie des Denkmals der Bildhauer Robert Luckner in Culmitzsch, mit den Fundamentierungsarbeiten der Maurermeister Otto Thomas hier betraut.
Am 3. Mai d. J. ist nun die Grundsteinlegung des Denkmals in der üblichen Weise erfolgt, und Sonntag, den 16. Juni soll das Denkmal selbst eingeweiht werden. Zur Theilnahme an dieser Feier hat der Verein Seine Königliche Hoheit den Großherzog, den Vorstand des Großherzoglichen Krieger- und Militär-Vereins-Bundes zu Weimar, den Großherzoglichen Herrn Bezirksdirector, den Herrn Bezirksoffizier sowie die Herren Landwehr- und Reserveoffiziere des Bezirks, sonstige Freunde und Gönner des Vereins, etwa 130 benachbarte Krieger- und Militärvereine, sowie nicht zuletzt die hiesigen Gemeindebehörden, Vereine und Korporationen ehrerbietigst und bezüglich ergebenst eingeladen, und steht zu hoffen, daß bei den sonstigen getroffenen umfassenden Vorbereitungen das Fest den schönsten Verlauf nimmt. Möge, das ist unser herzlichster Wunsch, ein günstiger Stern über unserm Werke stehen, möge dasselbe das Gedächtniß an Deutschlands größte, herrlichste Zeit unter uns und unseren Nachkommen allezeit lebendig erhalten, möge es eine Zierde unseres Städtchens bilden und ein Zeuge des allseitigen Aufschwungs und Wachsthums desselben jederzeit sein. – Das walte Gott!

Berga (Elster), den 31. Mai 1895
Der Kriegerdenkmalsausschuß

 

21.12.2018